In den Sommerferien hatten wir, elf Oberstufenschüler aus Köln, die Möglichkeit an der CIO Summer Academy teilzunehmen. Das Centrum für integrierte Onkologie (CIO) ist ein Zusammenschluss der Unikliniken Köln, Bonn, Aachen und Düsseldorf mit dem Ziel, an Krebs erkrankten Personen die beste Therapie zu ermöglichen. Dieses Ziel soll durch Forschung, Prävention und modernste Kliniken erreicht werden. Außerdem wird jungen Erwachsenen ein Einblick in die Forschung gegeben, um diese darin zu unterstützen, vielleicht in diesem Bereich ihre Berufung zu finden.
Die vierwöchige Summer Academy besteht aus einem Laborpraktikum inklusive eines eigenen Projektes, sowie einer Vorlesungsreihe zum Thema Krebs. Jeder Teilnehmer war in einer eigenen Arbeitsgemeinschaft (AG) bei einer Forschungsgruppe im Labor tätig, die sich mit einer bestimmten Krebsart beschäftigt.
Ich (Hanna) war in einer AG, die an dem Neuroblastom forscht. Dies ist ein Krebs des Nervensystems bei meist noch sehr jungen Kindern, welcher bei der einen Hälfte tödlich endet und bei der zweiten Hälfte von selbst verschwindet. Mein Projekt bestand darin, Zellen aus einer Menge gezüchteter Zellen zu identifizieren, die eine Mutation in einem bestimmten Gen aufweisen. Zu Beginn der vier Wochen war es eine große Herausforderung, sich zurecht zu finden. Mir wurde täglich so vieles an neuen Informationen erzählt, dass es fast unmöglich war, sich alles zu merken. Mit der Zeit hat es sich beruhigt und ich habe mit meinem eigenen Projekt begonnen. Ich hatte in meinem Labor das Glück, immer mehr alleine und selbstständig arbeiten zu dürfen, so dass ich die Arbeit eines „echten“ Wissenschaftlers kennen lernen konnte. Ich musste feststellen, wie lange man doch an einer Sache arbeitet für ein (aus meiner Sicht noch) sehr kleines Ergebnis und wie ärgerlich selbst die kleinsten Fehler dabei sein können. Als die Sektflasche hervorgeholt wurde, nachdem ich mutierte Zellen gefunden hatte, wurde mir die Wichtigkeit des Erfolgs so langsam bewusst. Nach den vier Wochen im Labor wollte ich nicht mehr weg, ich bin noch nie so voller Motivation und Freude morgens mit wenig Schlaf aufgestanden und zur Arbeit und Schule gegangen!
Ich (Susanna) verbrachte einen Monat in der Klinik für innere Medizin und habe es dort sehr genossen. Ich arbeitete hauptsächlich im Labor. Meine Forschungsgruppe forscht an einer Kombinationstherapie von Antikörpern und Inhibitoren (Hemmstoffen) zur Bekämpfung von CLL (chronische lymphatische Leukämie), der häufigsten Art des Blutkrebs. Meine Aufgabe war es zu überprüfen, ob diese Kombination funktioniert und wenn ja, herauszufinden woran dies liegt. Zuerst arbeitete ich mit meiner Tutorin zusammen, die mir alles erklärte. Es waren sehr viele Informationen, die man erst verarbeiten musste. Ich hatte zwar ein Grundwissen von meinem Biologie LK, aber dieses reicht im Weiten nicht aus. Nach einer Zeit durfte ich alleine arbeiten und selber entscheiden, welche Inhibitoren und Antikörper mit den Krebszellen kombiniert werden. Dabei waren zwei Sachen sehr wichtig. Erstens, dass alles exakt berechnet wird. Wie viele Zellen kommen in die Lösung? Was für ein Verhältnis sollten die Antikörpern zu den anderen Zellen haben? Müssen eventuell Kontrollen durchgeführt werden? All diese Fragen musste ich erst beantworten, bevor ich anfing. Außerdem musste ich mich sehr konzentrieren und aufpassen, dass die Pipette auch wirklich nur 20 Mikroliter aufnimmt. Außer Genauigkeit ist Sterilität sehr wichtig. Alles musste steril sein, dass heißt sauber von Bakterien, Staub oder anderen Stoffen, die die Proben verunreinigen könnten. Falls etwas nicht mehr steril ist, kann man dies nicht mehr benutzen. Im Labor könnte das heißen, dass du deine Zellen oder Messdaten nicht mehr verwenden kannst und erneut alles von vorne machen muss. Damit dies nicht geschieht arbeitet man in den sogenannten Zellkulturen. Man sitzt dort vor einem Apparat an einer Glaswand. Innerhalb dieses Apparat wird gearbeitet, da dort alles steril ist. Dies wird durch Luftzirkulation erreicht. Damit dies auch bleibt, musste ich ständig alle Geräte, die ich benutzte, mit Ethanol desinfizieren. Wenn diese in der Zellkultur blieben, also hinter der Glaswand, so waren sie steril. Falls ich etwas rausholte und erneut benutzen wollte, musste ich es wieder desinfizieren. Das gilt auch für meine Hände bzw. meine Handschuhe.
Ich lernte viele Menschen in meinem und benachbarten Laboren kennen. All diese Menschen arbeiten zusammen, helfen sich bei Aufgaben und veranstalten gerne Spieleabende. Die Atmosphäre war sehr schön. Man wird herzlich aufgenommen. Die Mitglieder meiner AG sind zwar viel älter und gebildeter als ich, aber das hat uns nicht abgehalten mit einander zu reden und zu scherzen. Ich durfte sogar bei anderen Projekten mitmachen. Dies gefiel mir sehr, weil ich Einblicke in anderen Forschungsmethoden bekam. Zum Beispiel isolierte ich Immunzellen von Blut von einem Spender. Zwar kennt jeder Blut, aber es ist was anderes mit dies zu arbeiten. Außerdem durfte ich Mäuse sezieren, was manchen wohl sehr eklig erscheint. Auch im Labor gibt es Menschen, die dies nicht gerne machen. Jedoch ist dies wichtig in der Forschung. Für mich war es sehr interessant mit Mäusen zu arbeiten. Meine Aufgabe war es Stammzellen zu isolieren. Dabei entfernte ich den Oberschenkelknochen und reinigte es. Mit Hilfe einer Spritze konnte ich die Zellen aus dem Knochen entnehmen. Eine andere Aufgabe war es Immunzellen aus dem Magen zu isolieren. Dies war sehr schwer, da man aufpassen musste, damit die inneren Organe der Maus, welche extrem winzig sind, nicht beschädigt werden.
Neben der individuellen Zeit im Labor, hatten wir wöchentlich drei Vorlesungen zum Thema Krebs und Krebsforschung. Mit der grundlegenden Zellbiologie fing es an, ging über Tumorviren (mein neues Lieblingsthema) und Onkogene bis hin zu den modernsten Behandlungsmethoden weiter. Die Vorlesungen inklusive Lehrmaterial wurden komplett auf Englisch gehalten und das Niveau bzw. die Komplexität überstieg den Bio- Leistungskurs deutlich. Doch dieser Herausforderung bin ich mit Freude entgegen gegangen und mit jeder Vorlesung wurde es einfacher. Ich fand es unglaublich interessant, die Themen in dieser Tiefe kennen zu lernen und nicht bloß einen groben Überblick zu bekommen. Am Ende gab es noch einen kleinen Test, den aber jeder mit gutem Erfolg lösen konnte.
Neben den gemeinsamen Vorlesungen haben wir das Bayer Schülerlabor in Leverkusen besucht. Dort vervielfältigten wir unsere eigene DNA mithilfe der PCR (Polymerase-Chain-Reaction) und führten eine Gelelektrophorese durch. Es war sehr hilfreich, um diese beiden gängigen Methoden kennen zu lernen, aber man muss leider sagen, dass uns dort zum gefühlten zehnten Mal erklärt wurde, wie die DNA aufgebaut ist.
Außerdem haben wir das Biotechnologieunternehmen Miltenyi Biotec in Bergisch-Gladbach besucht. Es wurden uns verschiedene Berufsbilder nach einem abgeschlossenen naturwissenschaftlichen Studiengang vorgestellt und wir konnten einen Einblick in die Firma gewinnen. Im Kopf geblieben sind mir dort vor allem neu entwickelte Maschinen, die mit dem Blut einer an Krebs erkrankten Person für diese angepasste Medikamente herstellen. Dabei ersetzten sie eine zweimonatige und 600 000 Euro teure Arbeit, in der der Patient möglicherweise schon gestorben ist oder die er sich nicht leisten kann.
Bei den Gruppenausflügen, Vorlesungen und auch gemeinsamen Mittagspausen konnten wir, die elf Teilnehmer, uns immer besser kennenlernen. Es war sehr schön und inspirierend endlich mit Gleichaltrigen sprechen zu können, die ebenso ein sehr starkes Interesse an der Medizin und Biologie haben. Es haben sich sogar einige neue enge Freundschaften gebildet.
Die vier Wochen wurden mit einer Abschlussveranstaltung beendet. Vor Familie, Freunden, Lehrern und Labor- bzw. CIO- Mitarbeitern stellten wir unsere Projekte in Form von einer ca. siebenminütigen Powerpoint Präsentation und eines wissenschaftlichen Posters vor. Auf Englisch über ein komplexes medizinisches Thema zu sprechen und zusätzlich noch vor mehr als 60 Leuten, von denen mindestens 20 genauer Bescheid wissen als man selbst, war wohl die von allen am meisten gefürchtete Herausforderung. Aber jeder hat diese Aufgabe mit Bravur gemeistert und möchte diese Erfahrung nicht mehr missen. Der Spaßfaktor war dann doch noch vorhanden.
Insgesamt können wir wirklich nur sagen, dass diese vier Woche einer der bereicherndsten Zeiten unserer Bildungslaufbahn waren. Das Wissen, das wir erlangen konnten, die Einblicke in die Wissenschaft und in die Berufe sind für uns von zentraler Bedeutung und haben uns definitiv darin bestärkt, unseren Weg hinein in die medizinische Forschung fort zu setzten.
So können wir nur jeden darin bestärken, selbst an dieser Summer Academy teilzunehmen oder ähnliche Angebote zu nutzen, es lohnt sich!
Hanna Nagel & Susanna Azatyan, Abiturientinnen